|
Eine
prägende Frau der Ordensgeschichte
Zum Tod von Schwester Roswitha Wanke RGS |
Am
30. August 2014 starb in München Schwester Roswitha Wanke, die
langjährige Provinzleiterin der ehemals süddeutschen und
später südwestdeutschen Provinz der Schwestern vom Guten
Hirten.
Schwester Roswitha wurde 1929 in Oppeln (Oberschlesien) geboren. Nach
dem Ende des Zweiten Weltkrieges musste die Familie die Heimat verlassen
und kam in ein Dorf im Kreis Bad Gandersheim, in ein Diaspora-Gebiet.
Zeitweise war Schwester Roswitha die einzige Katholikin in der Schule.
Im Februar 1949 machte sie ihr Abitur. Krieg und Flucht hatten ihren
Berufswunsch geprägt: Sie wollte Sozialarbeiterin werden. Durch
Vermittlung eines Priesters erhielt sie im Mädchenheim der Schwestern
vom Guten Hirten in München eine Praktikumsstelle. Gegen Ende
des Praktikums war ihr klar: Das ist meine Lebensaufgabe! So entschloss
sie sich, statt des zweiten Vorpraktikums in das Noviziat der Schwestern
vom Guten Hirten einzutreten. Nach der Ordensausbildung begann sie
mit einer Mitschwester in München das Studium zur Volksschullehrerin
– ein Novum für die Gemeinschaft, die aufgrund ihrer Geschichte
noch monastisch geprägt und zur Klausur verpflichtet war. Nach
der ersten Lehramtsprüfung wurde Schwester Roswitha in der Heimvolksschule
des Ordens in Schloss Zinneberg (Oberbayern) eingesetzt. Diese Jahre
waren eine reiche und prägende Zeit. Nach der Zweiten Lehramtsprüfung
kam eine neue Herausforderung: Sie wurde zur Noviziatsleiterin ernannt
und kehrte nach München zurück. 1973 wurde sie als Delegierte
zum Generalkapitel nach Angers (Frankreich) gesandt und lernte
dort die Internationalität des Ordens kennen. Thema des Kapitels
waren vor allem die Konsequenzen des 2. Vatikanischen Konzils für
das Leben der Ordensgemeinschaft. Zur Kongregationsleiterin wurde
eine Australierin gewählt und Sr. Roswitha zu einer ihrer sieben
Beraterinnen ernannt. Das bedeutete den Umzug nach Rom und zahlreiche
Reisen in alle Welt. Am Ende ihrer zweiten Amtszeit kehrte sie nach
München zurück und übernahm die Verantwortung für
die Pastoral geistlicher Berufe. Im Jahr 1990 erreichte Schwester
Roswitha die Herausforderung zur Vereinigung der Süddeutschen
und der Rheinischen Provinz als deren erste Provinzialin mit dem neuen
Provinzsitz in Würzburg. Bis zum Jahr 2000 stellte sie ihre ganze
Kraft und ihr Können in den Aufbau dieser neuen Provinz. In diese
Zeit fiel auch die Neugründung eines Hauses in Erfurt mit mehreren
Frauenschutzwohnungen für Frauen aus Gewaltsituationen, Frauenhandel
und Zwangsprostitution. Im Jahr 2000 übernahm Schwester Cordis
Ganslmeier die Provinzleitung, und Schwester Roswitha konnte in einer
Sabbatzeit im Mutterhaus in Angers und in Irland neue Kraft schöpfen.
Danach übernahm sie für fast vier Jahre im Generalat in
Rom die Koordination der dortigen internationalen Kommunität.
Als sie 2004 in die Deutsche Provinz zurückkam, wartete eine
neue Herausforderung auf sie: Schwester Cordis übertrug ihr den
Arbeitsbereich "Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität"
der Provinz, da die Kongregation begonnen hatte, ein weltweites Netzwerk
zu diesem Thema aufzubauen.
Als Schwester Roswithas Kräfte nachließen, kehrte sie zurück
nach München und damit zur letzten Station ihres erfüllten
Lebens. Hier wollte sie weiterhin den Menschen und ihrem geliebten
Herrn in Treue dienen. Sie ahnte nicht, dass Gottes Liebe andere Pläne
hatte.
Schwester Roswitha gehörte zu den prägenden Frauen in der
Ordensgeschichte der Deutschen Provinz. Sie gestaltet den Umbruch
nach dem 2. Vatikanischen Konzil maßgebend mit und blieb bis
ins hohe Alter aufgeschlossen für neue Entwicklungen. Nicht zuletzt
durch ihre kompetente Übersetzungsarbeit aus dem Englischen und
Französischen trug sie zur Gestaltung der Webseite des Guten
Hirten und der Zeitschrift "kontinente" bei. |
|
|