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Getäuscht, verkauft, missbraucht – Eine Reportage über Menschenhandel in Paraguay

Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung sind in Paraguay an der Tagesordnung, zwischen 60 und 70 Prozent der Betroffenen sind minderjährig. Für die befreiten Mädchen gibt es nur ein einziges Schutzhaus, das vor allem von dem Frauenorden Nuestra Señora de la Caridad del Buen Pastor getragen und von Adveniat finanziell unterstützt wird.

Carmen war 16 und schwanger, als sie in die Albergue Rosa Virginia gekommen ist. Das Mädchen weinte lange, als es von seiner Schwangerschaft erfuhr. Carmen wollte nach Hause. Doch das konnte sie nicht. Zu ihrem Schutz. Der Vater steht im Verdacht, die eigene Tochter verkauft zu haben. Wie lange sie sexuell ausgebeutet wurde, hin und her geschleppt, von Bett zu Bett, von Mann zu Mann, darüber ist, ein Jahr nach ihrer Befreiung, immer noch wenig bekannt.
Die Herberge Rosa Virginia gibt es seit 2015. Versteckt hinter unscheinbaren Mauern, irgendwo in der Nähe der Hauptstadt Asunción, finden Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung Schutz. Ein kleines Team aus Ordensschwestern, Sozialarbeiterinnen, Erzieherinnen und Psychologinnen versucht den Mädchen zu helfen, sich selbst wieder wertschätzen zu lernen. Und erneut Vertrauen zu fassen, in einer Gesellschaft, die siegetäuscht, verkauft und misshandelt hat. „Das ist ein langsamer und behutsamer Prozess“, sagt Sozialarbeiterin Lida Vargas, „diese Mädchen wurden auf ihren Körper reduziert und zu einer Ware degradiert.“ Rosa Virginia ist ein Schutzraum, in dem keine Fragen gestellt, niemand vorverurteilt wird. „Die Mädchen öffnen sich ganz langsam.“ Viele der Geschichten ähneln sich: Am Anfang stand oft ein Versprechen: auf leicht verdientes Geld, einen lukrativen Job, vielleicht sogar im benachbarten Argentinien oder Brasilien. „Die Mädchen steigen mit großen Träumen in den Bus, wollen ihren Familien helfen. AmAnkunftsort treffen sie auf eine andere Realität.“ Der Pass wird weggenommen, sie werden weggesperrt, versklavt.
So existiert noch immer das System des sogenannten „Criadazgo“, bei dem arme Familien oder Alleinerziehende ihre Kinder zur „Adoption“ an reiche Familien abgeben, im Grunde nichts anderes als versteckte Leibeigenschaft, die Missbrauch und Ausbeutung fördert.
Ayelén war 14 Jahre alt, als sie auf die Hacienda, den großen Gutshof nahe Pedro Juan Caballero im Nordosten Paraguays, geschickt wurde. Sie solle dort mithelfen, versprach man den Großeltern, die das Kind in ihrer Holzhütte aufgezogen hatten, im Austausch für Verpflegung und Schulausbildung.
Doch das Mädchen schuftete von frühmorgens bis spätabends, nachts wurde sie vom Gutsherrn missbraucht braucht. Als dessen Frau davon erfuhr, gab sie dem Mädchen Natriumhydroxid zu trinken. „Eine gute Seele auf dem Hof hatte Mitleid und rettete das Kind“, erinnert sich Vargas. „Ihre Kehle war verätzt, wir haben sie hier monatelang nur mit der Sonde ernähren können.“ Trotz all der durchlebten Qual wollte das Mädchen keine Anzeige erstatten. Aus Angst, dass die Gutsherren ihren Großeltern etwas antun könnten. „Es waren Großgrundbesitzer mit viel Einfluss und jeder weiß: Die Justiz steht selten auf der Seite der kleinen Leute.“
Im Schutzhaus sollen die Mädchen und jungen Frauen lernen, mit der Vergangenheit umzugehen, ohne dass sie ihre Zukunft bestimmt. Aus dem Nebenraum schallt helles Lachen herüber, dann Föngeräusche. Gerade findet der Frisör-Workshop statt, wie jeden Montagvormittag. „Die Struktur ist ganz wichtig“, erklärt Lida Vargas, „sie gibt Halt, hält davon ab, dass die Gedanken ständig und ständig um das Erlebte kreisen.“ Die Kurse – Computer, Maniküre, Bildende Kunst – sind Werkzeuge, um sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Ohne Abhängigkeiten, mit Träumen. „Ich arbeite jetzt, um meinen Sohn auf die Schule schicken zu können“, erzählt Carmen. Sie hat sich mit Hilfe des Schutzhauses zur Konditorin ausbilden lassen, verdient nun ihr eigenes Geld, Ayelén konnte sich eine Operation finanzieren, sie kann wieder normal essen, holt ihre Schulausbildung nach. „Es sind kleine Schritte, aber sie machen uns ungemein glücklich und stolz.“ Und Schwester Elena Barrio Cardoso fügt hinzu: „Wir können nicht die ganze Welt retten, wir können nur unseren Teil leisten. Denn jede Person ist eine Welt.“
(Quelle: Reportage von Anne Herrberg/Adveniat im Würzburger Sonntagsblatt 32/2023)

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